Produktvorstellung: H5 - Duell der Weltenbäume
08/09/2023"Duell der Weltenbäume" ist das fünfte Set im Held-Zyklus!
Sie weinte.
Sie weinte wieder und wieder. Sie weinte, während sie ihre Fangzähne wieder und immer wieder in die Horden von Gegnern schlug, die für den Tod ihrer Familie verantwortlich waren. Ihre Familie, die gestorben war, um sie zu beschützen, während sie nur machtlos zuschauen konnte.
„Die Barriere hält nicht mehr länger durch, Valentina. Den Rest überlasse ich dir. Ein kläglicher Rest ist da ja noch, aber meine arme Schrödinger ist schon pappsatt. Stimmt’s, Schrödinger?“
„Miauuuu.“
„Rest? Ah, ja, das Mädchen. Mach dir über sie keine Sorgen, das ist nur ein Papiertiger. Eine Oberherrin wie ich beschäftigt sich nicht mit solchem Abschaum. Wie sieht es bei dir aus? Alice konnte entkommen, oder?“
„Ja, aber damit müssen wir uns auch nicht belasten.“
„Gut, dann machen wir weiter wie besprochen.“
„Sehr gern.“
Die Dunkle Alice und Valentina verließen Yggdrasil und den Sissei-Wald. Die Schatten, die eben noch den Himmel verdunkelt hatten, verschwanden mit den beiden und es kehrte wieder eine friedliche Stille im Wald ein, so dass nichts mehr auf die schrecklichen Morde hindeutete, die eben noch hier geschehen waren.
Auf einer versteckten Lichtung am Fuße von Yggdrasil saß ein junges Mädchen, die Beine hoch an die Brust gezogen. Ihr Körper zitterte, als ihre Gedanken immer und immer wieder die grausigen Geschehnisse wiederholten. Ihre Augen waren weit aufgerissen und starrten auf einen unsichtbaren Fleck in der Ferne. Sie wiederholte immer und immer wieder die gleichen Worte.
„Valentina, das verzeihe ich dir nie.“
Pricia war der einzige Herrscher, der Valentinas Verrat überlebt hatte, und dabei hatte sie nicht nur ihre Freundin Faria verloren. In der entscheidenden Situation des Kampfes, in der Arla, Faria und Machina der Dunklen Alice zum Opfer fielen, gaben die Vier Heiligen Ungeheuer ihr Leben, um Pricia zu retten. Die vier waren zusammen mit Pricia zur Versammlung gekommen, denn sie waren fast ebenso gut die Herrscher des Waldes gewesen wie das junge Mädchen. Als Valentinas Falle zuschnappte, waren die vier ohne Zögern zu Pricias Verteidigung herangestürmt, doch hatten der gewaltigen Macht des Gegners nichts entgegenzusetzen.
„Freunde, ich schwöre, dass ich das zu Ende bringe, was ihr begonnen habt. Bis dahin wartet bitte auf meine Rückkehr.“
Pricia begann mit der bitteren Aufgabe, ihre Familie zu beerdigen. Als die vier ihre letzte Ruhe gefunden hatten, hörte sie ein leises Geräusch hinter sich. Es klang, als würde jemand weinen, doch viel zu künstlich und regelmäßig, als dass es ein natürliches Geräusch sein könnte.
„Wer ist da?“ Pricia war kampfbereit, doch ihre Hände zitterten.
Pricia versuchte, die Herkunft des Geräuschs aufzuspüren, und ihre Suche führte sie zu einem kleinen Hügel am Rande des Waldes.
„Nichts. Ich hätte schwören können, dass hier jemand geweint hat.“ Pricia überlegte, ob ihre tiefe Traurigkeit jetzt auch ihren Sinnen einen Streich spielte.
„Uhuhuhuhuhu…Meister…oh…Meister.“
„Aha, ich wusste doch, ich hab was gehört. Wo bist du? Haben sie dir auch wehgetan? Falls du mich hören kannst, dann sag bitte was.“
„Uhuhuhuhuhu…ich bin direkt vor dir.“
„Häh? Ich stehe am Fuße eines kleinen Hügels. Moment, du bist diese riesige Puppe aus Stahl, die Machina mitgebracht hatte. Bist du okay?“
„Ich…Meister hat mich gerettet. Diese Schattenbarriere hatte mich blockiert und dann wurde Meister von diesen Schatten gefressen. Uhuhuhuhuhuhu.“ Maribels künstliches Weinen wurde immer wieder durch Metallgeräusche unterbrochen.
„Bitte nicht weinen, denn sonst muss ich auch gleich wieder anfangen. Moment…wenn du weinst…heißt das, dass du Gefühle hast? Ich dachte Dinge wie du machen nur das, was man ihnen sagt?!“
Pricia musterte das Konstrukt mit Neugier und Argwohn. Das Mädchen, das in dem Uralten Wald Sissei aufgewachsen war, konnte sich nicht wirklich vorstellen, das künstliche Lebewesen wie Maribel existieren könnten. Aber diese arme Kreatur, die sich hier direkt vor ihr die Seele aus dem Leib heulte, entsprach so überhaupt gar nicht ihrem Bild von einer herzlosen Kampfmaschine.
„Uhuhuhuhuhuhu, ich bin der Prototyp einer Maschine mit echten Gefühlen, da ich ja eigentlich…“
„Danke, das reicht, ich verstehe das komplizierte Zeugs eh nicht. Solange du mich verstehst und dich normal unterhalten kannst, ist mir alles andere egal.“
„Ich verstehe, Fräulein Pricia.“
„Gut, gut. Hast du einen Namen, Madame Riesenpuppe?“
„Ich wurde Maribel genannt.“
„Maribel, huh? Da du so riesig bist, wie wäre es mit Riesenmarie?“
„Fräulein Pricia, Marie würde in diesem Fall schon reichen.“
„Hmm, gut, ich dachte nur, Riesenmarie wäre cooler, aber das ist okay. Und mach dir keine Mühe mit dem Fräulein Pricia, hier in Sissei sind alle gleich.“
„Fräulein Pricia ist nicht gut?“
„Nein, nein, das ist es nicht! Ich kann halt deinen Meister nicht ersetzen, aber ich kann dein Freund sein. Aber mit Freunden spricht man nicht so hochgestochen. Das ganze Gesülze ist doch nur Zeitverschwendung.“
„Ich verstehe. Es tut mir leid, aber meine Datenbanken enthalten nicht sehr viele Informationen zum Umgang mit Freunden.“
„Kein Problem! Ich denke mal, du willst dich genau wie ich an Valentina rächen oder? Vielleicht sollten wir beide zusammenarbeiten. Ich sage das zwar nicht gerne, aber Valentina ist wahrscheinlich etwas zu mächtig für mich allein. Du hast geweint, also willst du vielleicht Machinas Tod rächen, oder?“
„Aber…ohne Meister…wie kann ich da nützlich sein?“
„Ach was! Das geht sicher! Das verspreche ich! Ich bin zwar nicht der wortgewandteste der Sieben Herrscher, doch ich lasse gern Taten sprechen. Ich denke, diese Psychopathin in den schwarzen Klamotten können wir Alice überlassen, das meinte zumindest Faria, bevor sie…äh, das meinte sie. Falls Alice das überlebt, wird sie sich auch um Valentina kümmern wollen. Plus, falls es eine Chance gibt, Faria und Machina zurückzuholen, dann sicherlich nur, wenn die Dunkle Alice und Valentina besiegt sind.“
„Egal, wie gering die Wahrscheinlichkeit ist, Meister zu retten, solange sie nicht Null ist, haben wir eine Chance. Sollte ich dabei zerstört werden, dann habe ich trotzdem mein Ziel erfüllt.“
„Genau. Du und ich, wir beide, wir haben jetzt viel gemeinsam. Wir beide wollen unsere Freunde rächen und das ist unser einziger Lebenszweck.“
Bis heute hatte Pricia immer sorglos in den Tag gelebt, hatte den Wald nur sehr selten verlassen und eigentlich nichts von den Problemen dieser Welt mitbekommen. Das hatte sich heute abrupt geändert. Die Bestien-Herrin wunderte sich, ob sie ihre Heimat jemals wiedersehen würde. Aber das war ihr nicht mehr wichtig. Ihre Hoffnung auf ein friedliches Leben endet mit dem Begraben ihrer Familie, jetzt blieb nur noch der Wunsch nach Rache.
„Los, Marie, wie gut kannst du laufen?“
„Gut, Pricia. Meine Systeme laufen mit optimaler Leistung. Aber wenn wir auf Valentina treffen, was ist dann unser Plan? Ich würde dazu gern die Meinung meiner neuen Freundin hören.“
„Marie, etwas solltest du über mich wissen. Ich habe ein fantastisches Improvisationstalent. Aber ich denke, wir versuchen es erst einmal mit einem lauten Klopfen, während wir die Tür eintreten.“
Obwohl die beiden heute mehr verloren hatten, als sie sich jemals vorstellen konnten, so ergänzten sie sich doch wunderbar und fühlten sich gemeinsam geborgen und sicher. Zusammen trauerten sie um alle, die ihr Leben lassen mussten, und etwas auch um sich.
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