Kapitel 11: Ritual der Jahrtausende
Grimm: Tausend Jahre Ewigkeit
11. Kapitel: Ritual der Jahrtausende
Der blaue Mond stand gut sichtbar am Himmel. Auf seiner Rückseite, in einem Geheimraum im Palast der Mondhauptstadt, erwachte Kaguya.
„Na, schlecht geschlafen, so wie immer?“
Sie träumte Nacht für Nacht denselben Traum: von der gewaltigen Schlacht vor tausend Jahren und von ihrem Schmerz, als sie sich von der Erde und ihren Bewohner verabschieden musste. Untermalt wurde dieser Traum dann immer von den hasserfüllten Stimmen der Wesen, die sie mit Hilfe des Siegels weggesperrt hatte, und diese klangen von Mal zu Mal immer bedrohlicher. Dies war einer der Nachteile von ewigem Leben…
Einer der Sechs Weisen, Grusbalesta, hatte das ganze Problem damals so erklärt:
„Wenn du ein Samenkorn betrachtest, so kannst du darin das perfekte Gleichnis für den Kreislauf von Leben und Tod erkennen. Wie beim Kreislauf des Wassers erneuert sich auch die Lebensenergie immer wieder.
Unsterblichkeit jedoch friert diesen Fluss ein und die Energie bleibt auf der Stelle stehen und kann nicht mehr fließen.
Wenn es für jemanden unmöglich ist zu sterben, dann bedeutet dies nicht automatisch, dass sein Leben weitergeht, ganz im Gegenteil! Und darum ist es eigentlich eher ein Fluch…“
Aber dieses unnatürlich verlängerte Leben war zwingend notwendig, um die Cthulhus hinter dem Siegel festzuhalten. Um Kaguya unsterblich machen zu können, hatten die Sechs Weisen ihre Kräfte und schließlich sich selbst in Zaubersteine kanalisiert. Für das Ritual war ein Katalysator erforderlich gewesen, genau da kam die jetzt unsterbliche Prinzessin ins Spiel. Und so endete der Krieg, aber Kaguyas Leiden begann.
Über ein Jahrtausend lang blieb ihr nicht viel mehr, als Tag für Tag den Sternenhimmel von ihrem Blauen Mond aus zu betrachten.
„Kaguya, ich muss mal kurz weg. „Er“ ist wieder da!“, sagte Alice, die Kaguya auf dem Mond besucht hatte.
„Kein Problem, ich weiß, dass du deinen ganz eigenen Krieg zu führen hast, auch wenn ich deine Schwierigkeiten noch nicht ganz erfasse.“
„Eines Tages wirst du das, da bin ich sicher, aber jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt für viele Erklärungen. Ich lasse dir aber den Stein der Phantasie hier.“
„Danke! Den kann ich gut gebrauchen, um das Ritual zu vollenden.“
„Du willst den Zeitzauber der Jahrtausende erneut wirken?“
„Nein, versiegeln wird leider nicht mehr helfen. Jetzt ist es Zeit für das Ritual der Jahrtausende!“
„Ok, ich vertraue dir, du wirst das Richtige tun!“
„Danke! Und falls du in den anderen Welten erfolgreich warst, schau bitte wieder bei mir vorbei, ich habe dann etwas für dich.“
„Alles klar, Prinzessin! Bis bald!“ Alice machte sich auf zu einer langen beschwerlichen Reise.
„So, dann lege ich mal los: möge das Ritual der Jahrtausende beginnen!“
Das Ritual der Jahrtausende benötigte eine gewaltige Energiemenge, mehr als das, was von Kaguya über Jahrhunderte hinweg angesammelt worden war.
Eine uralte Prophezeiung hatte davon gesprochen, dass sich nach mehr als tausend Jahren das Siegel auflösen würde und die Uralten dann mit Hilfe des Rituals in sterbliche Körper gezwungen werden konnten. Diese gewaltige Energie musste genau zum Zeitpunkt des Siegelbruchs bereitstehen, daher blieb Kaguya nichts anderes übrig, als wieder auf die Kräfte der Sechs Weisen zurückzugreifen.
Einen davon hatte sie bereits, Moojdart, den Stein der Phantasie, aber die anderen…
„Ah, Kaguya, ich sehe, du hast endlich angefangen…“
Aus dem Nichts war ein Vertrauter erschienen und einen Windstoß später materialisierte sich Fiethsing, die Magierin des Heiligen Windes.
„Fiethsing! Gut, dass du kommst. Deine Kräfte brauche ich auch. Hilfst du mir?“
„Na logisch. Wenn wir diese ekligen Wesen endlich los sind, mache ich drei Kreuze. Sogar Zero wird wahrscheinlich helfen, wenn alles gut läuft.“
„Ja, sogar ich werde den Mond verlassen, um Pandora auf der Erde zu unterstützen. Sie bewahrt die Hoffnung von Grimm und Lumia, und kann uns zu den noch fehlenden Wahren Zaubersteinen der Sechs Weisen führen. Danach werden wir uns den Schwarzmond vorknöpfen…“
„Das ist die Entscheidungsschlacht, oder? Das letzte Jahrtausend scheint dir gut bekommen zu sein…“
„Meinst du? Nee, das war fürchterlich, zumindest bis gerade eben.“
„Ich weiß. Aber ab morgen weht ein neuer Wind, versprochen!“
„Das wäre perfekt, ich bin sehr gespannt!“
Als Kaguya ihre Reise durch das Universum begann, um zur Erde zu gelangen, war ihr Herz zum ersten Mal seit einer halben Ewigkeit wieder voller Hoffnung.
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